„Ich liebe dich noch, aber ich fühle es nicht mehr“ – Wenn die Gefühle in der Beziehung verschwinden

Es ist ein leiser Prozess. Kein großes Drama, kein lauter Knall. Aber plötzlich ist es da: das Gefühl, dass irgendetwas fehlt. Die Wärme. Die Nähe. Das Kribbeln. Viele Paare erleben diesen Moment irgendwann – vor allem in langjährigen Beziehungen. Doch was steckt dahinter, wenn die Gefühle nachlassen? Und was kann helfen, wieder zueinanderzufinden?

Die emotionale Leere – ein Zeichen von Entfremdung?

Wenn sich eine Beziehung emotional leer anfühlt, geht es oft nicht um fehlende Liebe, sondern um das Fehlen von emotionaler Verbundenheit. Es ist, als würde man nebeneinander herleben – gut organisiert, vielleicht sogar harmonisch, aber innerlich distanziert. Gespräche drehen sich um Alltag, Termine, Kinder. Aber echte Nähe? Die ist verschwunden.

Das kann zutiefst verunsichern. Viele fragen sich: „Ist das das Ende? Haben wir uns auseinandergelebt? Oder ist da noch etwas, das wir retten können?“

Die gute Nachricht: In vielen Fällen ist die Liebe noch da – sie ist nur verschüttet. Und genau hier setzt die Schematherapie an.

Was hinter dem Rückzug wirklich steckt

In der Schematherapie gehen wir davon aus, dass wir alle emotionale „Schemata“ in uns tragen – also alte, meist unbewusste Muster, die sich in unserer Kindheit entwickelt haben. Sie beeinflussen, wie wir fühlen, denken und handeln – besonders in engen Beziehungen.

Beispiel: Wer früh gelernt hat, dass Nähe unsicher ist oder eigene Bedürfnisse „zu viel“ sind, wird sich auch in der Partnerschaft irgendwann emotional zurückziehen. Nicht, weil er oder sie nicht mehr liebt – sondern weil unbewusst Schutzmechanismen aktiviert werden. Dann geht der Mensch auf Distanz, bevor er wieder verletzt werden könnte. Und genau das wird vom Partner oder der Partnerin oft als Liebesentzug empfunden.

So geraten Paare in einen Teufelskreis aus Rückzug, Enttäuschung und Missverständnissen. Die Gefühle verschwinden nicht wirklich – sie werden überlagert von alten Ängsten, Schutzmustern und emotionalem Überlebensmodus.

Wie eine Paartherapie helfen kann

Die Schematherapie hilft dabei, diese unbewussten Muster sichtbar zu machen – und sie im gemeinsamen Gespräch zu entkoppeln von der aktuellen Partnerschaft. Das heißt:

  • Alte Verletzungen dürfen benannt und verstanden werden.

  • Beide Partner lernen, woher bestimmte Reaktionen kommen.

  • Es entsteht neues Mitgefühl – für sich selbst und füreinander.

Der entscheidende Unterschied zur klassischen Kommunikation: Es geht nicht darum, „besser zu diskutieren“, sondern einander emotional wirklich zu begegnen. Ohne Schutzpanzer, ohne Schuldzuweisungen – sondern mit Offenheit und echtem Zuhören.

Nähe entsteht nicht aus Pflicht, sondern aus echtem Verstehen

Viele Menschen glauben, dass Gefühle wie Nähe und Verliebtheit irgendwann einfach „weg“ sind. Tatsächlich aber brauchen diese Gefühle Raum, Sicherheit und emotionale Verbindung. Die Paartherapie kann diesen Raum wieder öffnen – für ehrliche Gespräche, geteilte Verletzlichkeit und neue Intimität.

Und ja: Manchmal ist es harte Arbeit, sich selbst und den anderen neu kennenzulernen. Aber genau das ist der Anfang von echter Veränderung.

Fazit: Die Gefühle sind nicht verloren – sie sind nur gut geschützt.
Wenn in Ihrer Beziehung die Nähe fehlt, lohnt es sich hinzuschauen. Nicht immer ist das das Ende – manchmal ist es der Anfang eines neuen, ehrlicheren Miteinanders.

Quellen und weiterführende Literatur

  • Young, J. E., Klosko, J. S., & Weishaar, M. E. (2003). Schematherapie – Ein praktischer Leitfaden. Göttingen: Hogrefe.

  • Reiss, N. (2022). Verletzlichkeit in Beziehungen verstehen. Schematherapie-Institut Berlin.

  • www.schematherapie.de – Institut für Schematherapie Deutschland

Zurück
Zurück

Psychotherapie oder Paartherapie - Wo liegt eigentlich der Unterschied?

Weiter
Weiter

Fremdgehen – und dann?